Die zukünftigen Modalitäten für Einkäufe in die Säule 3a sind mit vielen Einschränkungen versehen. Haushalte mit hohem Einkommen dürften in der Lage sein, allfällige Beitragslücken zu schliessen, für andere wird es schwer.
Das Schweizer Parlament hat im Sommer 2020 die Motion 19.3702 «Einkauf in die Säule 3a ermöglichen» des Ständerats Erich Ettlin angenommen. Diese zielt darauf ab, nachträgliche Einzahlungen in die Säule 3a zu erlauben, um allfällige Beitragslücken zu schliessen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) hat diesen Winter eine Änderung der Verordnung über die steuerliche Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen (BVV3) in die Vernehmlassung geschickt. Sie legt die Bedingungen für solche Einkäufe in die Säule 3a fest, wie die Ökonomen James Mazeau, CFA, und Elisabeth Beusch, PhD, der UBS Switzerland AG in einer Analyse ausführen.
Für wen sind die Einkäufe gedacht?
Die Mehrheit der Personen im erwerbsfähigen Alter ist berechtigt, Beiträge in die Säule 3a einzuzahlen. Einige von ihnen verzichten jedoch aus verschiedenen Gründen darauf, andere leisten nicht den zulässigen Maximalbetrag. Dies führt zu Beitragslücken, das heisst zu Differenzen zwischen den tatsächlich geleisteten Beiträgen und den gesetzlich erlaubten Maximalbeträgen, so die Autoren.
Sie weisen in ihrer Analyse darauf hin, dass nicht alle Personen die finanzielle Fähigkeit haben, Einzahlungen – geschweige denn zusätzlich potenzielle Einkäufe – in die Säule 3a zu tätigen. Sie führen dazu die Haushaltsbudgeterhebung (HABE) des Bundesamtes für Statistik (BFS) an, wonach die ersten zwei Einkommensquintile der Haushalte von Personen unter 65 Jahren die Bedingungen nicht erfüllten. Ein Teil der Mittelschicht sei hingegen in der Lage, 3a-Einkäufe zu tätigen. Dabei handle es sich um jene Personen, deren jährliche Sparfähigkeit über dem zulässigen 3a-Maximalbetrag liege. Die Autoren gehen davon aus, dass Haushalte mit höherem Einkommen keine finanziellen Schwierigkeiten haben würden, allfällige Lücken in der Säule 3a zu schliessen.
BSV-Vorschlag schränkt Einkaufsmöglichkeiten stark ein
Die Autoren gehen im Folgenden auf die verschiedenen Einschränkungen im BSV-Vorschlag für die Verordnungsänderung der BVV3 ein. Für sie ist klar, dass die Einkaufsmöglichkeiten für einen Teil der Mittelschicht stark eingeschränkt würden. Die Autoren präsentieren daher Verbesserungsvorschläge, wie die Einkäufe einer breiteren Bevölkerungsschicht zugänglich gemacht werden könnten.
1. Wie wird eine Beitragslücke definiert?
Gemäss dem Vorschlag des BSV werden Jahre ohne AHV-beitragspflichtiges Einkommen für die Definition einer Lücke nicht berücksichtigt.
Gemäss den Autoren benachteiligt diese Definition Personen, die ihre Erwerbstätigkeit für einen bestimmten Zeitraum aufgegeben hätten. Dies betreffe insbesondere Frauen, die wegen der Betreuung ihrer Kinder Erwerbspausen aufwiesen. Insgesamt hätten 20% der Frauen mit Kleinkindern kein AHV-beitragspflichtiges Einkommen. Die Autoren schlagen daher vor, alle Jahre mit fehlenden Einzahlungen für die Berechnung der Lücken zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob ein AHV-beitragspflichtiges Einkommen erzielt worden sei.
2. Wo liegt die Obergrenze für die jährliche Beitragslücke?
Das BSV schlägt vor, die maximale jährliche Lücke für alle Erwerbstätigen ausschliesslich auf die Höhe des Standardbeitrags («kleiner» Beitrag) des entsprechenden Jahres zu begrenzen.
Die Autoren streichen heraus, dass bestimmte Personen berechtigt seien, mehr als den «kleinen» Beitrag (7’056 Franken im Jahr 2024) einzuzahlen. Dazu zählten insbesondere Selbständigerwerbende ohne Pensionskassenanschluss und grundsätzlich auch Arbeitnehmende mit mehreren Arbeitgebern, die bei jedem Arbeitgeber einen Lohn unterhalb der Eintrittsschwelle gemäss BVG erzielten. Diese Personen könnten jährlich 20% ihres Nettoeinkommens bis zu einer festgelegten Limite (35’280 Franken im Jahr 2024) einzahlen. Die vorgeschlagene jährliche Einkauf-Limite würde potenziell mehrere Zehntausend Selbständigerwerbende benachteiligen, kritisieren die Autoren. Sie schlagen deshalb vor, die Obergrenze für die Berechnung der jährlichen Lücke auf den Betrag festzulegen, der maximal hätte eingezahlt werden können, wobei mindestens der «kleine» Beitrag als Lücke angerechnet würde. Für Personen ohne AHV-beitragspflichtiges Einkommen solle die Lücke in der Höhe des «kleinen» Beitrags festgelegt werden.
3. Wieviel beträgt die Obergrenze für den jährlichen Einkauf?
Das BSV will den gesamten Einkaufsbetrag pro Jahr auf den «kleinen» Beitrag begrenzen, auch wenn Zahlungen für Lücken aus verschiedenen Kalenderjahren getätigt werden.
Die Autoren bringen einen Gegenvorschlag und fordern keine jährliche Einkaufslimite zu setzen. Denn: In einer Pensionskasse versicherte erwerbstätige Personen könnten die Möglichkeit haben, potenziell viel grössere Einkäufe in diese zu tätigen. Arbeitnehmende, die nur von der Säule 3a profitierten, seien somit den Versicherten der beruflichen Vorsorge nicht gleichgestellt, so ihr Argument.
4. Einkauf nur in Verbindung mit einem ganzen Jahresbeitrag?
Das BSV setzt die Bedingung, zuerst den ganzen «kleinen» Beitrag des aktuellen Jahres einzuzahlen, bevor im gleichen Kalenderjahr Lücken aus früheren Jahren geschlossen werden können.
Die Autoren sehen diese Vorschrift als problematisch an, falls die Einschränkungen in den Punkten 3, 5 und 6 gelten würden. Tatsächlich bedeute dies, dass eine Person, die den «kleinen» Beitrag in einem bestimmten Jahr nicht aufbringen könne, wegen der Rückwirkungsfrist im Laufe der Zeit endgültig die Möglichkeit verliere, frühere Lücken zu schliessen. Würden aber die in den Punkten 3, 5 und 6 genannten Einschränkungen aufgehoben, wäre diese Begrenzung nicht mehr problematisch.
5. Schliessung der Lücke eines Jahres nur durch eine Einmalzahlung?
Das BSV schlägt vor, die Lücke eines bestimmten Jahres zuerst durch einen einzigen Einkauf zu schliessen, und diesen Betrag nicht auf mehrere Jahre zu verteilen.
Diese Einschränkung könnte es laut den Autoren einigen Personen verunmöglichen, bestimmte Lücken vollständig zu schliessen. Aufgrund fehlender finanzieller Ressourcen und der Verjährung der Nachzahlungsberechtigung (Rückwirkungsfrist, Punkt 6) könne eine Person die Möglichkeit verlieren, die Lücke eines bestimmten Jahres ganz zu schliessen.
Das BSV befürchte, dass die Steuerbehörden nicht kontrollieren könnten, ob die Höhe der Einkäufe jene der Lücken übersteige, argumentieren die Autoren weiter. Die Steuerbehörden verfügten jedoch über die Daten aller Personen, die ihre Beiträge zur Säule 3a deklariert hätten. Der einzige Fall, in dem die Steuerbehörden keine Kenntnis von den Beiträgen hätten, ergebe sich dann, wenn diese Deklaration vergessen werde. Doch genau in diesem Fall hätten die Beitragszahler in dem betreffenden Jahr nicht von der Steuervergünstigung profitiert. Die Autoren propagieren, die Einschränkung, dass die Lücke eines bestimmten Jahres durch einen einzigen Einkauf zu schliessen sei, zu streichen.
6. Wie lange können nachträgliche Einzahlungen erfolgen?
Das BSV will, dass nachträgliche Einzahlungen auf die zehn Kalenderjahre vor dem Jahr des Einkaufs beschränkt sind.
Für die Autoren der UBS ist das zu kurz. Manchmal dauere es mehr als zehn Jahre, bis eine ausreichende Sparkapazität für Einkäufe vorliege. Je grösser die Lücken seien, desto schwieriger werde es, sie bei einer zeitlichen Begrenzung zu schliessen. Zudem blieben Lücken, die älter als zehn Jahre seien, unwiderruflich bestehen. Diese Einschränkung wirke sich insbesondere auf Familien mit kleinen Kindern aus. Junge Eltern hätten oft ein reduziertes Einkommen aufgrund eines verringerten Beschäftigungsgrads eines Elternteils sowie höhere Kosten durch den grösseren Haushalt, was ihre Sparkapazität verringere. Die Autoren fordern daher, für Einkäufe keine zeitliche Begrenzung einzuführen.
7. Wann soll die Rückwirkungsfrist beginnen?
Für das BSV soll die Rückwirkungsfrist in dem Jahr beginnen, in dem die Änderung der BVV3 in Kraft treten wird.
Die Autoren kritisieren, dass diese Einschränkung alle mit Beitragslücken aus Jahren vor dem Inkrafttreten der Änderung benachteilige. Die Autoren schlagen daher vor, Einkäufe ab dem Inkrafttreten der Bestimmungen zur Säule 3a im Jahr 1987 zu erlauben.
Frei zwischen Einkäufen in die 2. und 3. Säule wählen zu können ist wichtig
Die derzeit vorgeschlagene Änderung der BVV3 lege wichtige Unterschiede zwischen den Modalitäten für Einkäufe in die 2. Säule und Säule 3a fest. Die Autoren bedauern dies, denn eine Angleichung der Einkaufsmodalitäten würde es ihrer Ansicht nach mehr Erwerbstätigen ermöglichen, frei zwischen Einkäufen in die beiden Säulen zu wählen. Diese freie Wahl sei von entscheidender Bedeutung, denn in der Säule 3a bestehe die Möglichkeit, ein ertragreicheres, aber auch riskanteres Anlagemedium zu wählen. Zudem seien nicht alle unselbständig Erwerbstätigen bei einer finanziell gesunden Pensionskasse versichert, da einige der Vorsorgeeinrichtungen eine generationsübergreifende Umverteilung zugunsten der Rentner und zulasten der Erwerbstätigen vornehmen würden.